Am 5. Mai 1945 befreiten alliierte Truppen das Konzentrationslager Mauthausen. Von den rund 190.000 unschuldigen Menschen, die das NS-Regime zwischen 1938 und 1945 in das KZ Mauthausen und seine Nebenlager deportierte, wurden etwa 100.000 ermordet. Kein anderer Ort in Österreich versinnbildlicht die Verbrechen der Nationalsozialisten derart drastisch. Der Nationalrat des österreichischen Parlaments hat daher in seiner Sitzung am 11. November 1997 einstimmig den 5. Mai zum „Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus“ erhoben:
Entschließung des österreichischen Parlaments vom 11. November 1997.
Der 5. Mai – der Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Mauthausen – möge in Österreich im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus als Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus begangen werden.
Der Nationalrat ersucht daher die Bundesregierung, die in diesem Zusammenhang erforderlichen Veranlassungen zu treffen. Insbesonders erscheint es dem Nationalrat erforderlich zu sein, in den Schulen, innerhalb des österreichischen Bundesheeres sowie beim Zivildienst auf diesen Gedenktag in geeigneter Weise Bedacht zu nehmen, um die Sensibilität gegenüber den verschiedenen Formen der Gewalt zu wecken und zu verstärken.
Darüber hinaus möge an die Länder und Gemeinden herangetreten werden, damit auch von den Gebietskörperschaften im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus und an die Befreiung des Konzentrationslagers Mauthausen der 5. Mai als Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus wahrgenommen wird.
Auch der Nationalrat wird in Zukunft jedes Jahr diesen Gedenktag in einer besonderen Weise begehen. Mit diesem Schritt schließt sich die Republik Österreich einer europäischen Initiative an und bringt damit zum Ausdruck, daß sie die Idee eines Gedenktages an die Opfer des Nationalsozialismus auch auf europäischer Ebene mit großem Nachdruck unterstützt.
(910 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP)
Neben dem Gedenken auf Bundesebene sieht die Entschließung des Nationalrates ausdrücklich vor, dass auch in den Bundesländern und Gemeinden der 5. Mai „im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus und an die Befreiung des Konzentrationslagers Mauthausen […] als Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus wahrgenommen“ werden soll.
Dieser Gedenktag erinnert aber nicht ausschließlich an die Opfer des Nationalsozialismus, sondern legt darüber hinaus sein Augenmerk auf die Aktualität von Gewalt, Rassismus, Diskriminierung von Minderheiten und Antisemitismus. So wurde dem historischen Gedenktag zusätzlich auch ein klarer Gegenwartsbezug hinzugefügt.
In diesem Sinne hat sich die Stadt Innsbruck im Jahr 2019 entschlossen, eine Projektreihe ins Leben zu rufen, um den5. Maikünftig stärker und nachhaltig als Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus aufkommunaler Ebene zu verankern. Im Auftrag des Kulturausschusses entwickelte eine ExpertInnengruppe – bestehend aus zwei HistorikerInnen, einer Sprachwissenschaftlerin und einer Filmkünstlerin – die fortan jährlich auszuschreibenden gedenk_potenziale. Diese von der Stadt Innsbruck mit € 20.000,– dotierte Förderung wird 2020 erstmals für das Jahr 2021 ausgeschrieben. Gefördert werden Projekte bis zu einem Gesamtvolumen von € 20.000.
Über den konkreten Ausschreibungstext und die Vergabe der Förderung entscheidet eine unabhängige und überregional besetzte Fachjury, wobei durch den regelmäßigen Austausch der Jurymitglieder sichergestellt wird, dass laufend neue Perspektiven in den Auswahlprozess einfließen können. Im Wissen um die Verantwortung, die mit dem Ausschreibungsthema einhergeht, wurde festgelegt, dass die formalen und inhaltlichen Kriterien und Schwerpunktset-zungen alle 3 Jahre von der Jury geprüft und im Bedarfsfall adaptiert werden können.
Grundsätzlich wählt die Jury in jeder Ausschreibung ein Projekt aus. In besonderen Fällen kann die Jury die Fördersumme auch auf zwei Projekte aufteilen (siehe Einreichungsrichtlinien).
Im Rahmen der gedenk_potenziale werden Arbeiten und Projekte gefördert, die sich mit innovativen und nachhaltigen Formen des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus auseinandersetzen. Zugleich sollen die Projekte aktuelle Formen von Rassismus, Antisemitismus und Gewalt thematisieren und zum Nachdenken, zur Auseinandersetzung und zur Diskussion anregen. Im Mittelpunkt eines eingereichten Projektes muss aber immer der Respekt vor den Opfern des Nationalsozialismus und den Opfern von Gewalt, Rassismus und Antisemitismus stehen.
Im Mittelpunkt der gedenk_potenziale stehen nicht theoretische oder abstrakte Ideen, sondern praktische und allgemein fassliche Ansätze, die dazu beitragen, den 5. Mai als Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus im öffentlichen Bewusstsein der Stadt Innsbruck und darüber hinaus zu verankern.